Zweimal Akkusativ?

Veröffentlicht: 29. April 2018 in Uncategorized
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Unter Deutschlehrern und -lernern ist folgender Witz immer wieder beliebt: Kommt ein frischgebackener A2-Absolvent nach Berlin und steigt am Flughafen (entgegen anderslautender Gerüchte gibt es einen Flughafen in meiner Heimatstadt) in ein Taxi. Von vorn kommt es brummig: „Wohin?“. Unser tapferer Auslandsreisender antwortet mit Inbrunst: „Akkusativ!“ Um ihn soll es heute hier gehen.

Mein Schüler P. bewegt sich schon ziemlich sicher und demzufolge stolz und munter experimentierend durch die deutsche Sprache. Das komische Gehabe, wenn es um direkte Objekte geht, hat er zwar nie so richtig verinnerlicht, aber akzeptiert. Manchmal ist es so beim Erlernen einer Fremdsprache: Man nimmt die Dinge hin, auch wenn sie einem völlig absurd erscheinen. So bildet P. inzwischen sicher und ohne sich dabei viel zu denken Sätze wie Er trifft heute einen Freund. Oder: Geben Sie mir bitte einen Kaffee. Oder solche: Den Akkusativ habe ich nie so richtig verstanden. Auch, dass es eine Gruppe von Präpositionen gibt, die immer nach einem Akkusativ schreien, hat P. geschluckt. Murrend zwar, bedeutete dies doch die Notwendigkeit des Auswendiglernens. Aber nun sprudelt es aus ihm: für mich, durch den Wald, gegen einen Baum …

So weit so gut. Alles lief bestens. Wäre da nicht letzte Woche in einer Übung folgender folgenschwere Satz aufgetaucht: Sein unverantwortliches Verhalten kostete den Lehrer seinen Job. „Bah!“ (südbrasilianisch für „Krass!“, „Ach nee!“ u.ä) meinte P,. „Zwei direkte Objekte!“ Naja, nicht ganz.

Zwei Akkusativobjekte

Für diese Erscheinung „direktes Objekt“ tummeln sich in deutschen Grammatiken und leider auch DaF-Lehrwerken unzählige Bezeichnungen, wie zum Beispiel: direktes Objekt, Akkusativobjekt, Akkusativergänzung. Elke Hentschel und Harald Weydt zeigen in ihrem Handbuch der deutschen Grammatik eindrucksvoll, welch Durcheinander da unter den Gelehrten herrscht.

Für unseren Satz Sein unverantwortliches Verhalten kostete den Lehrer seinen Job. scheint mir die Bezeichnung Akkusativobjekte für die Elemente den Lehrer und seinen Job die treffendste. Gehört es doch zu den Merkmalen von direkten Objekten, dass sie erstens direkt vom Verb abhängen und zweitens eine Umformung in einen Passiv-Satz erlauben, wie zum Beispiel: Sie buk von allen den leckersten Kuchen. / Der leckerste Kuchen wurde von ihr gebacken. Dabei verwandelt sich das direkte Objekt des Aktiv-Satzes in das grammatische Subjekt des Passivsatzes. Diese Umformung ist bei Sein unverantwortliches Verhalten kostete den Lehrer seinen Job. nicht möglich. Also wollen wir hier von zwei Akkusativobjekten sprechen. Das Auftreten von zwei Akkusativobjekten ist ein nicht sehr häufiges Phänomen. Es erfolgt bei der Verwendung von wenigen Verben: abfragen, kosten, lehren, nennen, schelten, schimpfen, fragen. Hier einige Beispiele:

fragen: Das habt ihr mich schon oft gefragt.

abfragen: Peter fragt seine Schwester abends immer die Vokabeln ab.

nennen: Er hat seinen Chef vor versammelter Mannschaft einen Idioten genannt.

Akkusativobjekt und Genitivobjekt

Wo wir gerade bei seltenen Konstellationen sind, wollen wir auch über den Akkusativ und Genitiv in festen Verbindungen sprechen. Der Genitiv hat es ja bekanntermaßen etwas schwer in heutigen Zeiten. Oft wird er durch Alternativen mit Dativ ersetzt, wie zum Beispiel: die Farbe des Stuhls = die Farbe von dem Stuhl. Aber bei einigen Verben (vorwiegend in der Juristensprache) wird er noch gebraucht und taucht dann zusammen mit einem Akkusativ auf. Diese Verben sind anklagen, bezichtigen, überführen, verdächtigen, sich erfreuen. Auch hier einige Beispiele:

anklagen: Man klagte den Gärtner des Mordes an.

verdächtigen: Die Polizei verdächtigte den Zeugen der Teilnahme an dem Banküberfall.

sich erfreuen: Der junge Lehrer erfreute sich großer Beliebtheit unter den Schülern.

Wer von Euch zu diesem Thema üben möchte, findet hier ein kleines Arbeitsblatt:

ArBl zwei AKK

 

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